Die Sektion bietet ein umfassendes Spektrum an Methoden zur Charakterisierung der am Institut und bei wissenschaftlichen Partner hergestellten Materialien. Dies dient einerseits dem wissenschaftlicher Service, um Kristallzüchtern ein schnelles Feedback zur Verbesserung ihrer Materialien zu geben und der Grundlagenforschung auf dem Gebiet der Festkörperphysik und des Kristallwachstums. Unsere Methodenspektrum umfasst optische, elektrische und strukturelle Techniken. Sie decken alle Längenskalen von der makroskopischen bis zur atomaren Skala ab. Durch die Kombination dieser experimentellen Techniken wollen wir interdisziplinär dringende Fragen der Festkörperphysik beantworten und zuverlässige Materialparameter ermitteln.
Die Sektion befasst sich mit der Untersuchung grundlegender Materialeigenschaften. Dies sind elektrische optische und strukturelle Eigenschaften. Wir konzentrieren uns auf Halbleiter und Dielektrika. Die untersuchten Materialien sind III-Nitride, Oxide sowie klassische III-V- und Gruppe IV-Halbleiter. Dotierung, Atomare Defekte, epitaktische Heterostrukturen, Wachstums- und Relaxationsphänomene sowie optische Eigenschaften sind wichtige Themen. Die Sektion arbeitet eng mit Gruppen zusammen, die in der Festkörpertheorie arbeiten. Seit kurzem haben wir eine starke Aktivität in der Entwicklung von in-situ-Charakterisierungstechniken in der Transmissionselektronenmikroskopie und Röntgenbeugung.
Darüber hinaus betreibt die Sektion ein Labor für Elektronenmikroskopie (Joint Lab for Electron Microscopy Adlershof (JEMA)), ein Labor für hochentwickelten Magneto-Transport (Joint Laboratory for Advanced Magneto-Transport Adlershof (JAMA)) sowie ein Teststrukturlabor gemeinsam mit der Humboldt-Universität zu Berlin.
Unser Ziel ist die Nutzung und Weiterentwicklung synchrotronbasierter Röntgenmethoden für eine Multiskalencharakterisierung der Realstruktur von Kristallen. Jüngste Entwicklungen von Synchrotronstrahlungsquellen der 4. Generation bieten neue Ansätze der Untersuchung kristalliner Materialien von atomaren bis hin zu makroskopischen Größenordnungen. Die Nutzung von Röntgenstrahlung bei Experimenten an Kristallen in komplexen Umgebungen (während Wachstum, Behandlung oder in Betrieb) erlaubt dabei einen tiefen Einblick in Dynamik und Umwandlung von Kristallstrukturen.
Wir untersuchen den Einfluss der Realstruktur von Kristallen auf die Materialeigenschaften in Abhängigkeit verschiedener Umgebungsparameter. Dies umfasst die Charakterisierung atomarer Verschiebungen, die das Verhalten von Kristallen in äußeren Feldern bestimmen, sowie die Abbildung von Gitterdefekten, welche die optischen und elektronischen Eigenschaften von Halbleitermaterialien beeinflussen und daher besonders bedeutsam für die Funktionalität elektronischer Bauelemente sind.
Synchrotronbasierte Messungen von Gittereigentschaften; Links: Zusammensetzung und Verzerrung in SiGe Nanodrähten; Mitte: Oberflächenverzerrung im SrTiO₃ durch Ansammlung polarer Punktdefekte; Rechts: Versuchsaufbau für in-situ Röntgenbeugung unter hoher elektrischer Spannung und einem breiten Temperaturbereich
Die Gruppe für Elektronenmikroskopie konzentriert sich auf die Beziehung zwischen physikalischen Eigenschaften und Struktur von Halbleitern und Oxiden sowie von epitaktischen Materialien. Dazu werden modernste elektronenmikroskopische Techniken eingesetzt. Durch die Entdeckung neuartiger Phänomene, ihr grundlegendes Verständnis und die Entwicklung von prädiktiven Modellen wollen wir die Materialperfektion verbessern und Perspektiven für deren technologischen Anwendungen eröffnen. Um diese Ziele zu erreichen, kombinieren wir das gesamte Spektrum struktureller und analytischer Techniken und beschäftigen uns mit methodischen Entwicklungen.
Unsere wichtigsten Forschungsschwerpunkte sind atomare Defekte, Grenzflächen, elementare Wachstumsmechanismen epitaktischer Schichten, Thermodynamik und Kinetik der Phasenbildung sowie plastische und elastische Prozesse während des heteroepitaktischen Wachstums. In Bezug auf die Materialien konzentrieren wir uns stark auf III-Nitride, Gruppe III Sesquioxide, komplexe Oxide und die elementaren Halbleiter Si und Ge. Wir entwickeln In-situ-Techniken, um die atomaren Prozesse von Diffusion, Kristallisation und Phasenübergängen zu untersuchen.
In-situ TEM-Abbildung der Diffusion von Sn-Atomen auf der (001)-Oberfläche von BaSnO₃
Mit Hilfe modernster Röntgenverfahren wollen wir ein grundlegendes Verständnis der Korrelation von strukturellen und physikalischen Eigenschaften in kristallinen Materialien erzielen. Diese Untersuchungen tragen auch dazu bei, die Materialperfektion zu verbessern sowie Wege für mögliche technologische Anwendungen aufzuzeigen. Hierfür steht uns eine Reihe von hochspezialisierten Instrumenten im IKZ zur Verfügung, wobei auch anspruchsvolle Experimente an Synchrotronstrahlungsquellen durchgeführt werden.
Neben der Bestimmung von Kristallorientierung und Kristallphasen befassen wir uns primär mit der Aufklärung der Realstruktur in Volumenkristallen und epitaktischen Schichtsystemen. Bei ferroelektrischen Schichten streben wir ein grundlegendes Verständnis der Phasen- und Domänenbildung an, wobei Phasenumwandlungen durch komplexe in situ Experimente identifiziert und charakterisiert werden. Zur Verifizierung von Realstruktur-Modellen werden entsprechende Simulationsrechnungen entwickelt.
Röntgenbeugungsmuster von verspannten ferroelektrischen (K,Na)NbO₃-Schichten
Die dynamischen Prozess-Struktur-Eigenschaftsbeziehungen unter realistischen Bedingungen auf relevanten Längen- und Zeitskalen zu etabieren ist entscheidend, um bahnbrechende Fortschritte in der Materialwissenschaft zu erreichen.
Die In-Situ-TEM-Gruppe entwickelt In-situ- und Operando-TEM-Techniken, um chemische, strukturelle und elektronische Veränderungen vom Mikro- bis zum Atommaßstab korreliert zu visualisieren, zu steuern und zu verstehen. FAIR-Prinzipien und KI werden eingesetzt, um Workflows zu optimieren, Messerfahren zu standardisieren und den Wissensaustausch unter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu verbessern.
Unser Ziel ist es, wissenschaftliche Entdeckungen zu beschleunigen und Innovationen in der Materialwissenschaft voranzutreiben, um uns an der Spitze des Feldes zu positionieren.
Wir sind bestrebt, das Verständnis und die Entwicklung elektronischer und photonischer Materialien am IKZ sowie bei unseren Kooperationspartnern voranzutreiben, indem wir die Leistungsfähigkeit von In-situ-TEM-Techniken nutzen. Unsere Forschung konzentriert sich dabei auf die Analyse fundamentaler Aspekte der Phasenumwandlung in Oxiden und die Entschlüsselung der Dynamik, die das Verhalten von memristiven Materialien für neuromorphes Computing, LEDs und SiGe-basierten Qubits für Quantencomputing unter Betriebsbedingungen bestimmt. Dazu setzen wir modernste TEM-Techniken ein, wie HRTEM, HAADF, DPC, iDPC, EDS, EELS, 4DSTEM. MEMS-basierte In-situ-TEM-Plattformen ermöglichen es uns, dynamische Änderungen in der chemischen Zusammensetzung, Gitterverzerrung, Polarisation, Bandlücke, elektrische Felder und andere relevante Parameter bis in den atomaren Bereich zu erforschen. Gleichzeitig werden elektrische oder optische Eigenschaften gemessen.
Die schematische Darstellung von In-situ-TEM mit KI-gestütztem Workflow, einschließlich Instrumentensteuerung, Datenerfassung und Datenanalyse. Dan Zhou et al. Next Materials 1(2023), 100007
Die halbleiterbasierte Leistungselektronik ist eine Schlüsseltechnologie zur Lösung einer der größten gesellschaftlichen Herausforderung – der nachhaltigen Energieerzeugung/Energieumwandlung. Neben der Umstellung der Energieerzeugung auf erneuerbare und dezentrale Quellen ist die effiziente Nutzung von Energie der wichtigste Hebel um die Nachhaltigkeitsziele im Energiebereich zu erreichen. Effizientere Leistungselektronik trägt nicht nur zur Reduzierung schädlicher Emissionen durch effizientere Nutzung von Energie bei, sondern erhöht auch die Wirtschaftlichkeit energieintensiver Prozesse. Das Projekt „All-GO-HEMT“ zielt daher auf eine erhebliche Effizienzsteigerung in der Leistungselektronik durch die Entwicklung von β-(AlxGa1-x)2O3/Ga2O3-Heterostrukturen mit hoher Elektronenbeweglichkeit ab. Unter der Leitung von Dr. Andreas Fiedler legt das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Nachwuchsprogramms NanoMatFutur geförderte Projekt All-GO-HEMT (03XP0630) einen wesentlichen Grundstein im Bereich Wissenschaft für Technologiesouveränität.
Für die Umsetzung des Forschungsvorhabens ist ein hohes Maß an Interdisziplinarität unabdingbar. All-GO-HEMT realisiert dies durch eine Kompetenzverzahnung der IKZ Arbeitsbereiche Elektrische Charakterisierung, Epitaxie und Elektronenmikroskopie. Konkret soll im Projekt erstmalig ein β-(AlxGa1-x)2O3/Ga2O3 Heteroepitaxieprozess mittels MOVPE (Metallorganische Gasphasenepitaxie) mit homogener Schichtdicke, glatter Grenzfläche, hohem Aluminiumgehalt und Delta-Dotierung über die gesamte Substratgröße von bis zu 2-Zoll entwickelt werden.
Schema zur Umsetzung der im Projekt „All-GO-HEMT“ geplanten β-(AlxGa1-x)2O3/Ga2O3-Heterostrukturen
Unsere Aufgabe besteht darin, ein detailliertes Verständnis der grundlegenden physikalischen Eigenschaften von Massenkristallen und dünnen Schichten zu gewinnen. In diesem Zusammenhang stellt die optische Spektroskopie ein äußerst vielseitiges analytisches Charakterisierungswerkzeug dar. Wir konzentrieren uns auf die Untersuchung optischer Prozesse, die Informationen über materialspezifische Eigenschaften enthalten. Dazu zählen intrinsische Eigenschaften des Systems, wie Bandlücken oder vibronische Zustände, als auch über extrinsische Eigenschaften, die mit Struktur- oder Punktdefekten zusammenhängen. Wir forschen sowohl an neuartigen Kristallsystemen, die im Hause gezüchtet wurden, als auch an solchen, die uns von Kooperationspartnern zur Verfügung gestellt wurden.
Die derzeit untersuchten Materialien umfassen neuartige Oxide für memristive Anwendungen sowie III-Nitride für die Optoelektronik. Zur Untersuchung ihrer physikalischen Eigenschaften steht uns eine Vielzahl von experimentellen Methoden zur Verfügung. Neben weit verbreiteten Techniken wie Emissions-, Absorptions- und Raman-Spektroskopie führen wir auch hoch räumlich aufgelöste Kathodolumineszenz-Spektroskopie durch. Darüber hinaus bieten selbstentwickelte Systeme die Möglichkeit, experimentell schwer zugängliche Parameter zu erfassen. Dazu gehört die Transmissionsspektroskopie von Volumenkristallen bei sehr hohen Temperaturen > 1000°C zur Untersuchung der Temperaturabhängigkeit von Bandlücken oder Defektabsorptionsbanden. Darüber hinaus wenden wir zur Erkennung von Inhomogenitäten in großen Volumenkristallen eine 3D-tomographische Analyse von Streulicht an.
(a) Räumlich aufgelöste Kathodolumineszenz einer AlGaN-Schicht, die lokale Störungen des Stufenflusswachstums aufgrund von Stufen-Pinning zeigt. (b) Skizze des Stufen-Pinnings, das zu gekrümmten Oberflächenstufen und lokalen Stufenbündeln führt. (c) Infrarot-Absorptionsspektren der lokalen Schwingungsmoden des Tri-Kohlenstoffdefektes in GaN-Kristallen mit unterschiedlichem ¹²C/¹³C Isotopengehalt sowie daraus abgeleiteter Atomanordnung.